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Politik studieren: Vom Hörsaal ins Parlament

Ob Stadtratssitzung oder Gipfeltreffen - Politik ist ein spannendes Berufsfeld, die Arbeitsmöglichkeiten in ihrem Dunstkreis sind vielfältig. Doch wie gelingt der Start? Eine Möglichkeit ist es, einfach mit dem Schwerpunkt auf Politik zu studieren. Wir zeigen dir spannende Studiengänge, die die besten Voraussetzungen für eine politische Karriere schaffen.

Politik studieren

Politik studieren vor dem Regieren?

Juni 2007, EU-Gipfel in Brüssel. Europa braucht eine gemeinsame Verfassung. Und Angela Merkel tritt an, um sie auszuhandeln. Das ist ungefähr so einfach, wie aus einer Horde wild zusammengewürfelter Musiker:innen binnen eines Tages ein Sinfonieorchester zu machen. Denn die Regierungschef:innen der 27 EU-Länder sind gar nicht so dicke Freunde, wie das im Fernsehen manchmal wirkt. Besonders Polen und Großbritannien stellen sich quer und versuchen mit aller Härte, ihre Forderungen durchzusetzen. Aber die ehemalige Bundeskanzlerin taktiert geschickt.

So spannend wie in Brüssel geht es in der Politik zwar nicht immer zu, gleichwohl gibt es in ihrem direkten und indirekten Umfeld eine Menge attraktiver Arbeitsmöglichkeiten. Doch wie gelingt der Einstieg? Bis vor ein paar Jahren schrieben sich Abiturient:innen mit politischem Interesse meist in den Studiengang Politikwissenschaft ein, der in Deutschland jedoch eher theoretisch ausgerichtet. Für die Ausübung politisch ausgerichteter Berufe lehrt das Politikwissenschaft-Studium kaum spezielles Know-how.

Seit der Umstellung auf die neuen Abschlüsse Bachelor und Master gibt es jedoch an vielen Hochschulen neben der klassischen Politologie auch stärker praxisorientierte Möglichkeiten, Politik zu studieren. Sie konzentrieren sich immer nur auf einen Teilbereich der Politik, nähern sich diesem aber aus unterschiedlichen Richtungen.

Politik-Studiengänge sind international und vielseitig

Julia Ballaschk studiert etwa an der Technischen Universität Dresden im vierten Semester Internationale Beziehungen (IB). Das Programm ist im deutschsprachigen Raum einmalig. Es vermittelt neben den politikwissenschaftlichen auch wirtschaftliche und rechtliche Inhalte mit starker internationaler Ausrichtung. Vereinfacht gesagt, lernt Julia in ihrem Studium, welche Spielregeln zu beachten sind, wenn zwei Staaten miteinander kommunizieren.

Auch nach dem Examen will die 21-Jährige den Politiker:innen kritisch auf die Finger schauen. Ihr Traumjob: Auslandskorrespondentin, Schwerpunkt Menschenrechte, bei einer Wochenzeitung oder einem Magazin. „Ich möchte Menschen eine Stimme geben, die sonst niemand hören würde“, sagt sie. Bis es so weit ist, steht im Herbst aber erst noch ihr Auslandssemester in Istanbul an.

„Unser Fach richtet sich an junge Leute, die in ihrem Studium ganz bewusst das internationale Element suchen“, erklärt Stefan Robel, Geschäftsführer des Zentrums für Internationale Studien an der TU Dresden. Bewerber:innen sollten neben einem guten Abitur möglichst schon ein wenig Auslandserfahrung mitbringen und sich für politische, wirtschaftliche und rechtliche Zusammenhänge interessieren. Nachdem sie Politik im Bachelor studiert haben, satteln die meisten IB-Studierenden direkt noch den Master drauf, ehe sie auf Jobsuche gehen.

„Das Berufsfeld ist zwar nicht klar umrissen, dafür aber ziemlich vielfältig“, sagt Robel, der über den Verbleib seiner Absolvent:innen genau Buch führt. Die kommen in inter- oder supranationalen Organisationen wie der EU unter, finden Anstellung in Privatwirtschaft und Wissenschaft, arbeiten als Fachreferent:innen in Ministerien und Parlamenten oder eben als Journalist:innen.

Expert:innen für eine explosive Region

Um internationale Beziehungen geht es auch in einem Bachelor-Studiengang an der Universität Halle-Wittenberg, allerdings mit Fokus auf eine hochexplosive Region: Nahoststudien. Wer nicht einfach nur Politik studieren, sondern einen klaren Schwerpunkt setzen möchte, könnte Gefallen an diesem spannenden Studiengang finden. Der Fokus liegt auf dem israelisch-palästinensischen Konflikt und der arabisch-islamischen Welt.

Teil des Studiums sind sowohl die Analyse der politischen Lage im Nahen Osten als auch der genaue Blick auf die historischen Hintergründe des Konflikts und die beteiligten Religionen. „Wir werden sehr darauf achten, unseren Studierenden die Sichtweisen beider Seiten näherzubringen“, erklärt Heidrun Eichner vom Orientalischen Institut der Hochschule, das für den Studiengang verantwortlich zeichnet, „denn nur mit einer ausgewogenen Betrachtung ist wissenschaftlich fundiertes Arbeiten möglich“. Sprachkurse in Hebräisch und Arabisch sind deshalb obligatorisch und nehmen ebenso wie die Landeskunde viel Raum im Curriculum ein.

„Nahoststudien“ ist ein Zwei-Fach-Bachelor und lässt sich am besten mit Nebenfächern wie etwa Politikwissenschaft oder Ethnologie kombinieren. Arbeitsmöglichkeiten für Absolvent:innenen sollen sich in den unterschiedlichsten Feldern ergeben, etwa in der Entwicklungshilfe oder im Konfliktmanagement, in der Politikberatung, in Journalismus und PR.

Weitere beliebte Politik-Studiengänge

Die vorgestellten Beispiele sind nur zwei aus einer mittlerweile recht langen Liste neuer, fächerübergreifender Politik-Studiengänge. Zwei weitere Beispiele gefällig?

Der Bachelor "Integrierte Europastudien" an der Uni Bremen bildet Abiturient:innen zu Europa-Experten aus und vermittelt neben politikwissenschaftlichen auch soziologische und kulturgeschichtliche Aspekte. Der Schwerpunkt liegt auf Osteuropa und den Herausforderungen, vor denen die EU nach der Osterweiterung steht. Auslandssemester, Russisch- und Polnisch-Unterricht sowie ein Praktikum mit Europa-Bezug sind feste Bestandteile.

Die Zeppelin University in Friedrichshafen vermischt in ihrem Programm "Public Management & Governance" Politik- und Verwaltungswissenschaften mit Wirtschaft und öffentlichem Recht. Ziel ist es, Manager:innen für die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene auszubilden. Karrierechancen ergeben sich außerdem in Nichtregierungsorganisationen und Verbänden, in der Privatwirtschaft und der Beratung.

Politik studieren ist nicht der einzige Weg in den Bundestag

Doch was studiert der, der nicht bloß im Dunstkreis der Politik arbeiten, sondern irgendwann selber das Land regieren will? "Für Politiker:innen gibt es keinen vorgeschriebenen Ausbildungsweg", sagt Stefan Robel von der TU Dresden, "man braucht sich ja nur mal die ursprünglichen Berufe unserer Bundestagsabgeordneten anzugucken." Dort führen ganz klar die Jurist:innen, gefolgt von den Lehrer:innen. Doch auch die meisten anderen Berufsgruppen sind vertreten.

Und das ist gut so, schließlich soll der Bundestag die Gesellschaft abbilden. Franz Müntefering zum Beispiel hat früher mal Kaufmann gelernt, Angela Merkel hingegen ist Doktorin der Physik. Ihre analytischen Fähigkeiten verdankt die Kanzlerin also den Naturwissenschaften. Den EU-Gipfel in Brüssel jedenfalls hat sie damit glänzend gemeistert. Du weißt jetzt also: Politik studieren muss nicht der einzig wahre Weg in die politische Führung sein. Wenn du dir allerdings jetzt schon sicher bist, dass du auf jeden Fall später in die Politik gehen möchtest, wird dir ein Abschluss in einem politisch ausgerichteten Fach definitiv deinen Einstieg erleichtern.